Studienarbeit aus dem Jahr 2001 im Fachbereich Theologie - Systematische Theologie, Note: 1,0 (100%), Pontificia Università Gregoriana (Fachbereich Theologie), 37 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: EinleitungNach einer Vorlesung über Metaphysik kam am Semesterschluß ein katholischer Pfarrer zu mir, sich als mein Hörer zu bedanken, sein Einverständnis auszusprechen: „Ich habe nur den einen Einwand, daß das meiste von dem, was sie vorgetragen haben, nach unserer Auffassung Theologie ist.(1) So beschreibt Karl Jaspers in seiner Autobiographie den ersten Moment, an dem ihm bewußt wurde, daß er in seinen Vorlesungen wie selbstverständlich über von den Theologen für sich beanspruchte Themen sprach. Nicht, daß er sich auf theologisches Gebiet hätte begeben wollen, aber der Grundansatz seiner Philosophie verlangte nicht nur eine Beschäftigung mit dem Gottesgedanken, sondern auch mit dem Glauben, den Jaspers nicht nur als Phänomen, sondern als notwendige Kategorie jeden menschlichen Daseins ansieht, ohne die der Mensch auch in Zukunft nicht leben können wird.(2) Was Jaspers an scheinbar theologischen Inhalten lehrte, lehrte er allerdings immer bewußt als Philosoph, unabhängig von jedem Bekenntnis zu irgendeinem religiösen Glauben, wenn auch vom jüdisch-christlichen Kontext geprägt. Diese Unabhängigkeit des Philosophen machte Jaspers in der Folgezeit zum Fundament eines „philosophischen Glaubens“, welcher in der individuellen, existentiellen Ausrichtung des Menschen auf die Gottheit gründet. Dieser Glaube bewahrt sich die Offenheit, unabhängig von geschichtlichen Ereignissen, Glaubensformen und Institutionen zu sein. Obwohl dem philosophisch Glaubenden die verschiedenen geschichtlichen Weisen, durch die Menschen in Kontakt mit Gott gekommen sind, bewußt sind und er sich diese aneignet, schließt er sich nicht einer bestimmten, für sich Ausschließlichkeit beanspruchenden Form des Glaubens an.Mit einer solchen Auffassung von Glauben gerät Jaspers unweigerlich in Widerspruch zu einem Offenbarungsglauben, wie er in den biblischen Religionen, am ausgeprägtesten im Christentum zu finden ist. Einen solchen Glauben meint er ablehnen zu müssen, da er in der Offenbarung die Gefahr einer Einschränkung der Freiheit des Menschen sieht.(3) [...]______1 Jaspers, K., Philosophische Autobiographie (PA), in: Schilpp (Hg.), Karl Jaspers, Stuttgart 1957, 1-79, 63.2 Vgl. Jaspers, Vom Ursprung und Ziel der Geschichten (UZG), München 1949, 266ff.3 Jaspers, Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung (Off), München 1963, 37f.: „Wäre Offenbarung Realität, so wäre sie das Unheil für die geschaffene Freiheit des Menschen.“
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