Studienarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 1,7, Universität Regensburg (Institut für Ältere Deutsche Literaturwissenschaft), Veranstaltung: Erfahrung und Literatur im Spätmittelalter, Sprache: Deutsch, Abstract: „Armut ist […] eine ‚zeitlose‘ Tatsache, [sie] gehört zur Menschheitsgeschichte und hat selber eine Geschichte. Armut […] hat in allen philosophischen und religiösen Traditionen, Theorien und deren Geschichte einen wesentlichen Stellenwert […].“ „Wer wenig besitzt ist von wenig abhängig“ lautet ein auch heutzutage noch gängiges und gern gebrauchtes Sprichwort. Es spielt darauf an, dass ein Mensch, der wenig besitzt, auch nur wenig verlieren kann, und dadurch innerlich – seelisch – unabhängiger ist als ein Mensch, der Gegenstände, Häuser oder Geld hortet und danach strebt, diese zu vermehren. Nur wer etwas besitzt, hat auch etwas zu verlieren, und fürchtet, dieser Fall könne eintreten, oder strebt danach, seinen Besitz noch zu vergröβern. Das Sprichwort scheint damit völlig unserem modernen Ideal zu widersprechen, denn die Armut in unserer Gesellschaft in der heutigen Zeit gilt es zu überwinden. Nicht nur strebt der moderne Mensch danach, möglichst viel zu besitzen und seine Güter im Laufe seines Lebens zu vermehren, die Armut war und ist auch schon immer mit sozialer Ausgrenzung verbunden und bringt unvermeidlich Leiden mit sich. Das Sprichwort zeigt allerdings, dass der Gedanke der Besitzlosigkeit und damit der Armut eine lange Tradition in der Geschichte der Menschheit besitzt, und dass der Begriff der Armut nicht immer rein negativ besetzt war.Allein schon die fragwürdige Praxis der Selbstgeiβelungen als Höhepunkt des selbstzugefügten Leidens zeigt, dass auch das Leiden als Tugend in der Geschichte der Menschheit seit dem Mittelalter immer präsent gewesen ist, wobei seine Bewertung sich im Laufe der Jahrhunderte drastisch verschoben und verändert hat. Da die moderne westliche Welt auf die gröβtmögliche Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und ein hohes Maβ an Genuss ausgerichtet ist, gilt das Leiden heutzutage nicht mehr als Tugend, sondern als lästige Erscheinung von Krankheit und Alter, der es möglichst auszuweichen gilt. Möglich gemacht wird dies vor allem durch Erkenntnisse in der modernen Medizin und die Errungenschaften der industriellen Revolution, wodurch die Kirche und der Adel an Einfluss verloren, sodass nun Reichtum und Wohlstand gröβeren Teilen der Bevölkerung zur Verfügung stehen...
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